Schriftgrafik Forderungskatalog NRW: AFVD reagiert mit vagen Absichtserklärungen

Forderungskatalog LV NRW: AFVD reagiert mit vagen Absichtsankündigungen

Auf ihrer Mitgliederversammlung am 24. Juli 2021 beschlossen die Vereine des Landesverbands NRW die Übermittlung eines Forderungskatalogs an den AFVD. Angesichts der Tatsache, dass über den Antrag des Landesverbands zusammen mit dem LV Rheinland-Pfalz auf Einsetzung eines Notvorstands vom zuständigen Registergericht immer noch nicht entschieden wurde, der American Football in Deutschland also nach wie vor unter der ineffizienten und schlechten Führung des Bundesverbandes leidet, wurde es Zeit, zusätzliche Maßnahmen zu ergreifen. Restart21 begrüßt diesen Schritt ausdrücklich, zumal die Kernpunkte des Katalogs auch von uns als unumgänglich angesehen werden. Der AFVD reagierte diesmal ungewohnt schnell und sogar öffentlich, jedoch lediglich mit vagen Absichtserklärungen ohne Rechtsverbindlichkeit.

Was ist passiert?

Der Landesverband NRW schildert es in seinem Bericht von der Mitgliederversammlung so:

Nach einer kontroversen, aber auch produktiven Diskussion mit dem VereinsvertreterInnen, bekam das Präsidium des AFCV NRW den Auftrag, einen Forderungskatalog an den Bundesverband zu entwickeln. Unter der Prämisse der schriftlichen Zusage der gelisteten Forderungen durch den AFVD soll dann auf einen Misstrauensantrag bei der nächsten Bundesversammlung verzichtet werden. Auch der Antrag auf einen Notvorstand für den AFVD, der aufgrund der fragwürdigen Stimmenzahl des hessischen Landesverbandes unter Führung von Robert Huber seitens der Verbände aus Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz gestellt worden war, soll dann zurückgezogen werden.
Quelle: „Klarer Auftrag an das NRW-Präsidium“ vom 06.08.2021, Webseite des AFCV NRW

Der Forderungskatalog enthält zum einen konkrete Handlungsaufforderungen, die die Entwicklung des deutschen Footballs national wie international auf allen Ebenen deutlich voranbringen würden. Zum anderen werden personelle und strukturelle Veränderungen genannt, die auch unserer Meinung nach unverzichtbar sind. An erster Stelle steht dabei die Forderung, das derzeitige AFVD-Präsidium möge komplett zurücktreten. Begründet wird dies damit, dass „für eine Neuausrichtung des Bundesverbandes und Football-Deutschland ein kompletter Neuanfang mit einem neuen Präsidium und mit neuen Gesichtern erforderlich“ sei. Wer uns und unsere Konzepte kennt, weiß, dass wir hier mit dem Landesverband NRW absolut auf einer Linie liegen.

Am 30. Juli 2021, nur sechs Tage nach der Mitgliederversammlung, war der Forderungskatalog ausgearbeitet und wurde dem AFVD zugeleitet. Dabei wurde klugerweise eine Frist gesetzt: bis zum 27. August 2021 muss eine schriftliche Bestätigung über die Umsetzung der Forderungen in NRW vorliegen. 

Der dreiseitige Forderungskatalog steht als PDF beim LV NRW für alle Interessierten zum Download zur Verfügung.

Zwei Optionen

Der Landesverband NRW sieht je nach Reaktion des AFVD zwei Optionen, von denen eine reichlich Sprengstoff bietet, aber geeignet ist, das Ziel auch ohne Zustimmung des AFVD zu erreichen. Wir formulieren es mal so:

  1. Der AFVD stimmt allen Forderungen aus dem Katalog zu und versichert schriftlich und verbindlich die Umsetzung derselben. In diesem Fall wäre endlich der Weg frei für einen Neuanfang und für die Entwicklung, die unsere Aktiven auf und neben dem Feld so sehr verdienen. Sollte dies eintreten, würde der Landesverband NRW seinen Antrag auf die Einsetzung eines Notvorstandes zurückziehen. Dieser wäre aufgrund des Rücktritts des AFVD-Präsidiums nicht mehr notwendig, da dann ohnehin Neuwahlen stattfinden würden.
  2. Der AFVD stimmt den Forderungen nicht zu und/oder versäumt die gesetzte Frist. In diesem Fall würde der Landesverband NRW auf der für November geplanten Bundesversammlung des AFVD einen Misstrauensantrag gegen das Präsidium stellen. 

Wie reagiert der AFVD?

Erstmal kann man lobend erwähnen: schnell – für seine Verhältnisse sehr schnell! Und zwar mit einer Pressemitteilung am 5. August 2021, einen Tag, bevor der LV NRW seinen Bericht veröffentlicht. Das Publikationsdatum war nach unseren Kenntnissen dem AFVD vorab bekannt und der Termin der Pressemeldung demnach wohl kein Zufall, aber den Sand hat sich ohnehin sicher kaum jemand mehr ins Auge streuen lassen. Eine schnelle Reaktion ist schon mal ein kleiner Fortschritt. Aber: auf den Inhalt kommt es an.

Was schreibt nun der AFVD in seiner Veröffentlichung – und viel interessanter noch: was schreibt er nicht?

Unter dem Titel „ZukunftsWerkstatt mit ersten Vorschlägen – Strukturänderungen geplant“ (05.08.2021, Webseite des AFVD) heißt es zur Einleitung:

Aus der Arbeit der ZukunftsWerkstatt Football Deutschland und der Diskussion des Präsidiums und des Gesamtvorstandes des AFVD haben sich bereits erste Ideen für eine verbesserte zukünftige Struktur des Bundesverbandes ergeben.

Es folgen Aufzählungen von Dingen und Strukturen, die geändert oder neu eingeführt werden sollen. Kleine, aber wichtige Spitzfindigkeit: im Text heißt es stets „es soll„. Man beachte: Die Formulierung lautet nicht „es wird„! Es handelt sich um reine Absichtserklärungen, die völlig unverbindlich sind, denn wenn aus dem „soll“ nichts wird, drohen keinerlei Konsequenzen. Ihr kennt das alle, gerade jetzt hören wir es dauernd im Bundestagswahlkampf: es „soll“ natürlich Steuerentlastungen geben (unterschiedlich ausgeprägt je nach Partei). Gibt es die nachher nicht, was passiert dann? Jedenfalls bis zur nächsten Wahl vier Jahre später genau: nichts. Verbunden mit der Hoffnung, dass sich dann nach so langer Zeit hoffentlich die WählerInnen nicht mehr daran erinnern. 

Daneben fällt auf, dass der Forderungskatalog des Landesverbandes NRW mit keinem Wort erwähnt wird. Die Soll-Änderungen sind jedoch so ausformuliert, dass man keinen der derzeit gut beschäftigten Plagiatsjäger beauftragen muss, um die offensichtliche inhaltliche und zeitliche Verbindung zu erkennen. Was für ein Dilemma, denn jetzt muss der AFVD sich entscheiden: hat man reagiert, war es schnell und man sammelt zumindest dafür Karma-Punkte. Hat man offiziell nicht reagiert, muss man sich die Frage gefallen lassen, warum man das noch nicht getan hat – bei solch stringenten Forderungen! Die Augenwischerei mit dem „wir machen doch schon was, das haben wir alles schon selbst erkannt“, das, lieber AFVD, glaubt euch schon längst keiner mehr. Die Karte habt ihr ungefähr zehnmal zu oft gespielt.

Wir vergleichen mal die Texte

Forderungskatalog NRW Pressemitteilung AFVD Vergleich
Deutscher Football muss zurück auf die internationale Landkarte 1) Erweiterung des AFVD-Gesamtvorstands um die Sparten Sportmedizin, Vertretung Trainer, Aktivensprecher, Frauensport, Flag-Football, Australien Football, Ausbildung, Marketing und Presse/Öffentlichkeitsarbeit

 

2) für alle Lizenzligen Ligaversammlungen

AFVD adressiert die einzelnen Handlungsfelder, verteilt jedoch nur Posten und schafft Gremien.

 

NRW fordert konkrete Aktionen.

Fokussierung auf Jugendarbeit
Ausbildung intensivieren
Frauenfootball mehr in den Fokus rücken
Cheerleading mehr in den Fokus rücken
Verbands-Marketing etablieren
Überarbeitung der Verbandsregelwerke
Das derzeitige Präsidium des AFVD tritt zurück AFVD-Aussage fehlt
Erweiterung des AFVD-Präsidiums auf sieben Personen.

Neu: Vizepräsident(in) Öffentlichkeitsarbeit und Vizepräsident(in) aus dem Führungskreis der GFL

Das Präsidium soll um weitere Vizepräsidenten erweitertet werden, die dann z. B. die Bereiche Nationalmannschaften / Leistungssport und Marketing / Presse / Öffentlichkeitsarbeit ohne weitere anderen Zuständigkeiten konzentriert betreuen könnten. Vizepräsident(in) GFL fehlt, dafür Vizepräsident(in) Nationalmannschaften / Leistungssport
alle Präsidiumsmitglieder (Präsident plus sechs Vize-Präsidenten) arbeiten ehrenamtlich —– AFVD-Aussage fehlt
Rekrutierung eines hauptamtlichen Geschäftsführers Im Bereich des Hauptamtes soll der bisher ehrenamtlich tätige AFVD-Geschäftsführer durch eine hauptamtliche Lösung ersetzt werden. Übereinstimmung

Findet ihr es nicht auch interessant, wie wenig der AFVD in seinem Text tatsächlich aussagt und wie kompakt, handfest und konzeptionell die drei Seiten PDF des LV NRW sind, wenn man sie mal direkt vergleicht?

Um dem Einwand gleich zuvor zukommen: Es handelt sich natürlich nicht um die offizielle Antwort des AFVD auf das Schreiben des LV NRW. Es ist eine Pressemitteilung. Die soll ja trotzdem einen Zweck erfüllen, sonst hätte man sie sich sparen können. Wir sind jedenfalls sehr gespannt, wie es hier weitergeht und was in der Zwischenzeit bis zum Fristablauf womöglich noch auf den anderen Baustellen wie dem Antrag auf Notvorstand und dem Antrag auf Mitgliederversammlung des LV Hessen so passiert. 

Wir halten euch natürlich auf dem Laufenden und sind auch sonst nicht untätig. In diesem Sinne wünschen wir euch einen schönen und spannenden August 🙂